Bedeutende Dreiborner, Anna Maria van Schuermann

Anna Maria van Schuermann, 1607-1674  1

Daem von Harff auf Burg Dreiborn duldete in seiner Herrschaft keine Protestanten. Das hinderte seine Schwester Eva nicht daran, den reichen reformierten Friederich van Schuerman zu ehelichen.

Das Ehepaar wohnte in Antwerpen. Im Jahre 1558 musste es, wie viele Niederländer, wegen seines reformierten Glaubens die Heimat ver- lassen. Daem von Harff brachte seine Schwester und ihren Mann in einem seiner Häuser in Köln unter. Dort wurde am 5. November 1607 ihre Tochter Anna Maria van Schuerman geboren.

Die Religionskriege, die Pest und die Hexenverfolgung machten bald auch in Köln für die Schuermans das Leben unsicher. Wenn auch Daem von Harff auf Burg Dreiborn alle Hände voll zu tun hatte, seine Untertanen vor dem Irrglauben der Reformation zu bewahren, wozu er nicht selten Gewalt anwendete, so nahm er doch im Jahre 1610 seine reformierten Verwandten in die Burg auf. Als im Jahre 1613 Friederich van Schuerman starb, zogen Mutter und Kind mit zwei ledigen Tanten nach Utrecht.

Anna Maria hatte sich in Dreiborn, gemäß Aufzeichnungen, schon eine große Gelehrsamkeit erworben. In den damaligen adligen Kreisen galt sie als Wunderkind. Mit vier Jahren konnte sie fehlerfrei lesen. In Utrecht studierte sie privat Philosophie und Theologie. 1636 wurde die Universität Utrecht gegründet. Anne Maria van Schuerman war 29 Jahre alt. Sie durfte als die erste und einzige Frau ihrer Zeit eine Universität besuchen. Während der Vorlesungen musste sie hinter einem Vorhang sitzen, damit die männlichen Studenten sie nicht sehen konnten. Damals durften intelligente reiche Frauen sich privat unterrichten lassen, sie durften aber ihr Wissen nirgendwo verwenden. Daran wollte Anna Maria van Schuerman sich nicht halten. Sie graduierte in Recht! Im Jahre 1640 redete sie im Hörsaal der Universität Utrecht über das Thema: „Die Fähigkeit des weiblichen Geistes für das Lernen“. Ihre Rede wurde in Französisch, Latein und Englisch übersetzt. Diese drei Sprachen, sowie Griechisch, beherrschte sie wie ihre Muttersprache. Außerdem sprach sie Hebräisch, Arabisch, Syrisch und Aramäisch. Insgesamt konnte sie sich in 14 Sprachen unterhalten.

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AnneMarie de Schurman, Gemälde von Jan Lievensaus dem Jahre 1649, National Gallery London

Sie war sehr musikalisch und auch künstlerisch begabt. Neben Radierungen und Skulpturen modellierte sie mit Wachs und fertigte Schnitzereien aus Elfenbein und Holz. Sie malte auch Porträts. Ein Selbstporträt aus dem Jahre 1632 ist erhalten. Ebenso ein Ölbild, welches Jan Lievens 1649 von ihr im Alter von 42 Jahren malte. Dieses Bild wird in der „National Gallery“ in London aufbewahrt.

Anna Maria van Schuerman war eine außergewöhnliche Frau.

Hochgestellte Persönlichkeiten ihrer Zeit ließen sich von ihr beraten. Sie hatte persönlichen Kontakt mit Königin Christine von Schweden, der Tochter des Heerführers Gustav Adolf. Auch zu dem französischen Minister und Kardinal Richelieu (*1585 – †1642) hatte sie Verbindung.

Im Jahre 1648 wurden ihre gesamten Werke einschließlich ihrer Briefe herausgegeben und in die französische, lateinische, griechische und hebräische Sprache übersetzt.

Von 1652 – 55 lebte Anna Maria van Schuerman wieder in Köln. Daem von Harff, ihr Onkel, brachte sie dort im Schwerthof am Neumarkt unter, den er 1612 erworben hatte. Dieser Hof wurde auch Trimborner- hof genannt.

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Selbstbildnis mit 33 Jahren

Im Jahre 1664 lernte Anna Maria van Schuerman den zum Protestantismus übergetretenen Jesuiten Jan de Labadie kennen. Er war der Gründer einer kirchenreformerischen Sekte, den „Labadiesten“. Sie war fas- ziniert von seinen Ideen. Mit ihm zusammen verfasste sie ihr letztes Werk: „Eccleria – Die Erwählung des besten Teils“, erschienen 1673. Labadie starb 1674 in Altona, die Sekte erlosch 1750.

Anna Maria van Schuerman blieb ledig, sie starb am 5.5.1678 im Alter von 71 Jahren in Binwaden, Westfriesland. Ihr Wirken vermittelt uns einen Einblick in die Problematik ihrer Zeit. Viele ihrer Spuren kann man heute noch, nach vierhundert Jahren, in Archiven und im Internet folgen.

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1 Aus „Die Berger“ von Alfred Wolter, 2012, S. 51 – 53

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