Ausstellung „Verschleppt, verhungert, verscharrt“

Die Ausstellung „Verschleppt, verhungert, verscharrt“ in der Hubertus-Kirche in Schmidt ist täglich geöffnet und für Besucher kostenfrei. Verschleppt Verhungert VerscharrtBenedikt und Konrad  Schöller bieten auf Wunsch ein vertiefendes Begleitprogramm an, das Führungen durch die Ausstellung, bild- und tonunterstützte Bildschirmpräsentationen sowie Exkursionen zum Waldgebiet des „Buhlerts“ und/oder zur Sowjetischen Kriegsgräberstätte nahe Rurberg umfasst.

Presse: KSta – Kriegsausstellung in Schmidt

Nach dem großen Erfolg der europäischen Wanderausstellung „Routes of Liberation“ ist die Hubertus-Kirche in Schmidt erneut Ausstellungsort für ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte. „Verschleppt, verhungert, verscharrt“ lautet der Titel einer bedrückenden zeithistorischen Dokumentation. Sie thematisiert eines der größten Kriegsverbrechen des Zweiten Weltkriegs, den Massenmord an 3,3 Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen. Während des fast vierjährigen Vernichtungsfeldzugs der Wehrmacht im Osten gerieten rd. 5,7 Millionen Rotarmisten in deutsche Kriegsgefangenschaft. Die nationalsozialistische Rassenideologie betrachtete sie als „Untermenschen“. Aufs Schlimmste verfolgt und drangsaliert überlebten fast 60% der sowjetischen Kriegsgefangenen den Lagerkosmos des Dritten Reiches nicht. Sie starben an Hunger, Kälte, Krankheiten, Seuchen oder an den Folgen ihrer menschenverachtenden Behandlung. Am 20. Juni dieses Jahres hat die große Koalition Entschädigungszahlungen von 10 Mio. Euro an die sowjetischen Kriegsgefangenen beschlossen.

Die über 100 Text- und Bildexponate umfassende Ausstellung in Schmidt wurde erneut von Konrad und Benedikt Schöller konzipiert. Benedikt ist als Geschichtslehrer am Bischöflichen St. Angela Gymnasium in Bad Münstereifel tätig. Er fungierte bereits als örtlicher wissenschaftlicher Begleiter bei der „Routes of Liberation“.

Im Mittelpunkt des neuen Ausstellungsprojekts stehen Einzelschicksale slawischer Kriegsefangener, die in der Nordeifel unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen Sklavenarbeit verrichten mussten. Benedikt Schöller erklärt: „Die Pfarre St. Hubertus setzt mit dieser Dokumentation ein wichtiges Zeichen in Richtung Völkerverständigung zwischen West und Ost. Das Thema kommt zum richtigen Zeitpunkt. Gerade in schwierigen politischen Zeiten sollte man sich vergegenwärtigen, zu welch‘ fatalen Auswirkungen verstärktes Säbelrasseln führen kann.“ Auch in der Umgebung des Hürtgenwaldes dürfe sich das Erinnern an die braune Zeit nicht alleine auf die Schilderung blutiger Abwehrschlachten aus dem Kriegswinter 1944/45 beschränken. Zu einer angemessenen Erinnerungskultur gehöre ebenso zwingend die Auseinandersetzung mit den Verfolgten des nationalsozialisten Terrorregimes, ergänzt Konrad Schöller. So beherberge das Waldgebiet des „Buhlert“ nicht nur Befestigungsanlagen des „Westwalls“. Auch Ausbildungsorte für selbsternannte „Herrenmenschen“ und Orte qualvollen Sterbens für sogenannte „Untermenschen“ habe es hier in der „brauen Zeit“ gegeben.

Zeitzeugen, wie Josef Müllejans aus Schmidt berichten von völlig ausgemergelten Kreaturen im Gebiet von Eschauel. Zusammengepfercht in einer Holzbaracke auf blankem Stroh vegetierten sie dort halbverhungert, Tag und Nacht rund um die Uhr bewacht. Um den Rursee bei alliierten Bombenangriffen künstlich einzunebeln, mussten sie mit giftigen Chemikalien gefüllte Säurefässer bedienen. Wenn der Bewachungsposten außer Sicht war, schlichen sich die Schmidter Kinder näher zu den gequälten Menschen heran und steckten ihnen heimlich Nahrungsmittel zu. Auch Paul Breuer aus Schmidt erinnert sich noch gut an diese Taten der Barmherzigkeit im Sommer des Jahres 1944. Im Tausch gegen Nahrungsmittel hatten ihm die Kriegsgefangenen in der Baracke am Rurseestrand sogar Ehering und andere persönliche Wertgegenstände angeboten. Sie hofften, damit dem Hungertod entrinnen zu können.

Todesursache „Darmkatarrh bei hochgradiger Abmagerung“ trug der Lagerarzt des STALAG VI H Arnoldsweiler am 10. Dezember 1942 in die Sterbeurkunde des Sergej Platonow ein. Der Maurer orthodoxen Glaubens, geb. am 1. Januar 1892 in Smolenskaja, geriet am 7. Juli 1942 bei Rostow in körperlich gesundem Zustand in deutsche Kriegsgefangenschaft. Genau 5 Monate später, am 7. Dezember 1942 um 2.00 Uhr nachts, wurde es für ihn für immer dunkel. Der Magen des russischen Menschen sei dehnbar, daher kein falsches Mitleid, lautete eines der „12 Gebote für die Behandlung der Russen“ aus dem Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft vom 1. Juni 1941. Nicht nur Sergej Platonow hat zu spüren bekommen, was damit gemeint war.

Quelle:
REGIO ORATIO Benedikt u. Konrad Schöller – Nideggener Str. 110 – 52385 Nideggen-Schmidt
Tel. 02474-99180 – E-Mail: schoeller110@t-online.de – web: http://regio-oratio.blog.de
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