Aus der Bilderkiste: Schrott der Geschichte

Ein Beitrag von F.A. Heinen.

Mehr als ein halbes Jahrhundert war der Truppenübungsplatz Camp Vogelsang Realität im Schleidener Land. Auf 43 Quadratkilometern trainierten vorwiegend belgische Soldaten die Szenarien des Kalten Krieges. Als die alten Machtblöcke Ende der 1980er Jahre in Geschichtsstaub zerfielen, rückte das Ende des skurrilen Militärstandortes in greifbare Nähe. Aber es dauerte noch bis Ende 2004, dass die seit 1950 amtierende belgische Platzkommandantur einige Waschbütten mit Türschlüsseln an die Immobilienverwaltung des Bundes übergab. Das war eine Zeitenwende für die Nordeifel, fortan war der Weg frei für die Weichenstellung hin zur touristischen Entwicklung von gut 100 Quadratkilometern Eifel zur Nationalparkregion.

Bevor dieser Prozess begann, hatten die Militärs Vogelsang und das Umland auf- und ausgeräumt. Das bedeutete unter anderem, dass der kriegerische Schrott der Jahrzehnte ordentlich aus dem Camp entfernt wurde. Das darf man sich getrost so ähnlich vorstellen wie ein Auszug aus einem jahrzehntelang bewohnten Haus: manches kommt in den Abfall, anderes wird auf die Schnelle noch an den Mann gebracht, und nur das Wenigste nimmt man selbst mit in das neue Haus. Im Fall des Truppenübungsplatzes fiel besonders viel Metallschrott an, der natürlich einen erheblichen Metallwert hatte. So kam es, dass sich im Jahr 2003, also vor 14 Jahren, nahe bei dem für Schwertransporter gut erreichbaren Walberhof ein großer Panzerfriedhof entwickelte. Teils Jahrzehntelang hatten die Karkassen als Übungsobjekte zur Panzerbekämpfung im Gelände gestanden. Sie waren von Einschüssen durchlöchert und durch Rost zernagt, aber immer noch waren sie klar als Panzerkonturen zu erkennen: ein Szenario mit überaus morbidem Charme, Zuckungen des sterbenden Schießplatzes und Geburtsstunde eines Kleinods der Natur.

Die Panzertrümmer waren längst nicht das Einzige, was aus dem Gelände geschleppt wurde. Da hatte es beispielsweise den ebenso mit diversem Schrott durchsetzen Untergrund des Sprengplatzes gegeben. Das wurde ebenso alles weggeräumt wie etwa die beiden Pershing-Panzer, die als Relikte des Zweiten Weltkriegs auf der Dreiborner Höhe stehen geblieben waren. Es war ein Schauspiel der besonderen Art, als die Panzerhüllen, die seit 1946 als Übungsobjekte sogenannter Molotow-Cocktails gedient hatten, von zwei vorgespannten Vogelsanger Panzern bis zum Sammelplatz geschleppt wurden.

Heute ist das die verblassende Erinnerung an das kriegerische 20. Jahrhundert und somit Regionalgeschichte. Wo bis vor 14 Jahren der Kanonendonner hallte, explodiert heute eine Naturlandschaft, die ihresgleichen sucht in Nordrhein-Westfalen.

Text/Fotos: F.A. Heinen
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