Eine Lokomotive auf der Broicher Höhe! Wie kann das sein?
Wo die Bahnstrecken im Mittelgebirge verlaufen, ist den meisten Menschen geläufig: In der Regel folgt der Schienenstrang dem Lauf der Fließgewässer in der Talsohle. So folgt etwa die Eifelstrecke Köln-Trier ab Kall in Richtung Trier dem Verlauf der Urft bis zur Mosel-Maas-Wasserscheide, die Oleftalbahn folgt ebenfalls den Läufen von Urft und Olef. Eisenbahnen können eben nur in begrenztem Ausmaß Steigungen überwinden. Am allerwenigsten würde man daher das Stahlross auf den Gipfeln suchen. Und dennoch: Es gibt Ausnahmen, wie das beigefügte Foto aus dem Privatbesitz von Willi Gehlen aus Broich anschaulich zeigt. Der Bauzug stand am Pfingstsonntag des Jahres 1935 rund 500 Meter über dem Meeresspiegel auf der Broicher Höhe vor dem Haus Kallerstraße 28: Nahezu ebenso hoch wie der Scheitelpunkt der Eifelhauptstrecke bei Schmidtheim. Nach Schmidtheim stieg die Bahn jedoch sehr moderat parallel zur Urft an. Ganz anders im Fall Broich, wo der Bauzug den steilen Anstieg von Golbach bis zur Höhe überwinden musste.
Gehlen erklärt den ungewohnten Anblick folgendermaßen. Mitte der 1930er Jahre wurde die heute als Landesstraße 105 bezeichnete Straßenverbindung zwischen Kall und der Broicher Höhe ausgebaut. Dafür war eine große Menge Material für den Unterbau und den Straßendeckenaufbau erforderlich. Insbesondere wurden Unmengen Schotter benötigt. Daher entschieden sich die Straßenbauer dafür, einen Schienenstrang für eine Schmalspurbahn vom Bahnhof Kall bis nach Broich zu verlegen. Die Strecke folgte über Golbach ansteigend etwa über die Trasse des Weges, der heute am Golbacher Sportplatz vorbei in Richtung Broich führt. Am nördlichen Broicher Ortsrand, etwa da, wo heute die Straße nach Wintzen abzweigt, befand sich das Materiallager der Straßenbauarbeiter. Dorthin brachte der Bauzug in Kipploren das Material. Am Pfingstsonntag 1935 schauten sich drei Frauen in Anwesenheit eines Bauarbeiters die ungewohnte Szenerie mit der Dampflok mit den angehängten Kipploren näher an. Bei den Frauen aus dem Dorf handelte es sich um (vorne) Thete Kleinen, auf der Lokomotive Christine Geschwind, geb. Larres, sowie am Führerstand der Lok Elisabeth Hermanns, geb. Larres.
Ein Beitrag von F.A. Heinen