Am 6. Juni 2016 wurden die vorerst letzten Stolpersteine verlegt. .
Ein Beitrag von F.A. Heinen
Mit der Verlegung von weiteren zehn Stolpersteinen an fünf ehemaligen Wohnsitzen von Juden in Gemünd vollendete der Arbeitskreis Stolpersteine Gemünd am Donnerstag seine Aufgabe zur Erinnerung an die ehemaligen jüdischen Nachbarn. In den vergangenen Jahren hatte es bereits drei ähnliche Gedenkveranstaltungen für andere ehemalige Gemünder Juden gegeben. Nun gehen die Initiatoren davon aus, dass für alle bekannten ehemaligen jüdischen Bürger des Städtchens, die die nationalsozialistische Verfolgung erlitten, Erinnerungssteine verlegt wurden. In dem Arbeitskreis wirken verschiedene Akteure mit, darunter auch Schüler der städtischen Realschule und des künftigen Johannes-Sturmius-Gymnasiums.
Dorothea Weiß, Judith Sigel und Joyce Meyer musizierten zum Auftakt der Veranstaltung an dem kleinen Platz vor dem heutigen Kunstforum. Sie trugen das Lied „Unter die Haut“ vor. Pastoralreferent Georg Toporowsky verwies aus aktuellem Anlass darauf, dass es der jüdische Fußballspieler Gottfried Fuchs war, der 1912 bei den Olympischen Spielen in Stockholm im Spiel gegen die russische Mannschaft zehn Tore schoss. Da Fuchs Jude war, entfernten die neuen Machthaber seinen Namen 1933 aus den Listen des Fußballverbandes.
Derartige Ausgrenzung erlebten die Juden auch in Gemünd. So erinnerte die Veranstaltung an das Schicksal folgender Juden aus dem Ort: Leo Kaufmann (Jahrgang 1918) und Sara Kaufmann (Jahrgang 1860) lebten an dem Platz an der alten Schule in Gemünd (Alte Schule 3). Leo floh 1940 nach Frankreich. Dort wurde er zunächst von den deutschen Besatzern im Sammellager Drancy interniert und 1942 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Sara starb am 19. Juli 1942 im Konzentrationslager Theresienstadt. Vor dem Haus Dreiborner Straße 21 wurden Stolpersteine für die Familie Erich Kaufmann verlegt. Der 1901 geborene Erich floh 1936 vor der nationalsozialistischen Bedrängnis nach Brasilien. Dorthin flohen auch die 1876 geborene Helene Kaufmann sowie der 1906 geborene Oskar Kaufmann. Für den am 13. März 1860 geborenen Moses Wolf, der am 10. September 1942 nach Theresienstadt deportiert wurde, wo er am 25. November des gleichen Jahres ermordet wurde, verlegte der Arbeitskreis an der Dürener Straße 1 einen Stolperstein. Neu verlegte Stolpersteine erinnern auch am ehemaligen Wohnsitz der Familie Leo Herz (Schleidener Straße 1) an Opfer des Nazi-Regimes. Leo Herz, Jahrgang 1897, floh nach einer sogenannten „Schutzhaft“ im Lager Sachsenhausen nach Belgien. Nach dem Überfall der Wehrmacht auf das Nachbarland wurde er im Lager Drancy interniert und 1942 nach Auschwitz deportiert, wo er ermordet wurde. Dort starb nach ähnlicher Odyssee auch der 1895 in Gemünd geborene Maximilian Herz. Die im gleichen Jahr geborene Ilse Herz war bereits 1924 in die Heilanstalt Brake aufgenommen worden. Diese Gemünder Jüdin wurde am 27. Oktober 1940 im Zuchthaus Brandenburg im Rahmen einer nationalsozialistischen Euthanasieaktion ermordet. Am Kreuzberg 7, gegenüber der ehemaligen Synagoge, hatte die am 10. März 1877 geborene Amalie Wolff gelebt. Nach der Deportation am 15. Juni 1942 ins Ghetto Theresienstadt wurde sie am 17. April 1943 dort ermordet.
Nach dem musikalischen Auftakt trug Heike Schumacher vom Arbeitskreis Stolpersteine einen Brief von Luiz Kaufmann vor, bevor Bürgermeister Udo Meister angemessene Worte des Gedenkens fand. Der Künstler Gunter Demnig, der die Steine üblicherweise selbst verlegt, sprach ebenfalls. Er wurde bei der Arbeit durch einen Mitarbeiter des Bauhofs unterstützt. Norbert Stoffers stellte nachfolgend die Biografien von Opfern vor, in einigen Fällen übernahmen das auch Schüler. Edith Kupp und Felicitas Müller legten jeweils Blumen an den neu verlegten Stolpersteinen nieder, zudem gab es an jeder der fünf Verlegungsstellen auch ein Gedicht oder einen Musikbeitrag.
Diese vierte Stolpersteinverlegung in Gemünd war allerdings durch kräftige Regengüsse deutlich beeinträchtigt. Die Teilnehmer suchten Schutz unter Markisen und Vordächern. Pfarrer Erik Schumacher und seine Frau Heike luden zum Abschluss der Veranstaltung ins evangelische Gemeindehaus ein. Nach einem Lied und Gebet begann eine meist von Schülern gestaltete Gedenkveranstaltung, und Norbert Stoffers fasste die Stolpersteinverlegung der vergangenen Jahre noch einmal zusammen.
Nachfolgend einige Bildimpressionen zu der Gedenkveranstaltung.