Energiewende 1905 – Jugendstil-Wasserkraftwerk Heimbach

Am 11.03.2016 begeisterten Dirk Küsters und Kraftwerksmeister Hubert Breuer die 60 Exkursionsteilnehmer mit Fachwissen und spannenden Informationen.

Begrüßung der Exkursionsteilnehmer vor dem
Tor des Jugendstil-Kraftwerks Heimbach.

Ein außerordentlich spannendes Kapitel der Geschichte des frühen 20. Jahrhunderts blätterte der History-Guide Dirk Küsters im Rahmen einer öffentlichen kostenlosen Exkursion des Geschichtsforums Schleiden (GFS) zum Jugendstil-Kraftwerk bei Heimbach-Hasenfeld auf. Die Superlative sprudelten nur so aus dem Dozenten heraus, als er den einleitenden Vortrag zum Thema hielt: 1905 bei der Inbetriebnahme war das Kraftwerk Hasenfeld das größte dieser Art in Europa. Es saugte – und saugt bis heute – seine Energie aus der zeitgleich errichteten Urfttalsperre im Nachbartal der Urft: Damals selbstredend auch die größte des Kontinents. Der Höhenunterschied zwischen Urftsee und Kraftwerk ermöglicht bis heute die Erzeugung des elektrischen Stroms in den Turbinen. Weitere Superlative rund um das interessante und mit viel ‚Kunst am Bau‘ errichteten technischen Bauwerks fielen im Vortrag am Ende aus Zeitgründen unter den Tisch: Die Urftstaumauer ist heute das schwergewichtigste Baudenkmal des Kreises Euskirchen, das Kraftwerk ist zu einem Hort erlesener musikalischer Klassik-Veranstaltungen geworden: Kunst meets Technik. Eindringlich wies Küsters darauf hin, dass es mit der Planung des Baus durch den Aachener Professor Otto Intze gelang, viele Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Die Urfttalsperre – heute im Verbund mit zahlreichen weiteren Eifeltalsperren im Flussgebiet der Rur – sorgte für eine nachhalte Wasserregulierung der Rur. Überflutungen der Anrainer des Unterlaufs sind seither weitgehend ausgeblieben, und dank kluger Regulierung des gestauten Wassers ist es seit 1905 gelungen, auch in den trockenen Sommern der Dürener Industrie das benötigte Wasser bereitzustellen.

So ganz nebenher markierte die Inbetriebnahme des Kraftwerks eine erste Energiewende in der Region: Seit das Urftwasser in die Turbinen geleitet wird, breitete sich die elektrische Energie in der Eifel ausgesprochen frühzeitig aus.  In der Nordeifel erhellte die elektrische Beleuchtung die Bauernkaten bereits zu einer Zeit, als daran anderswo noch längst nicht zu denken war.  Ein segensreicher Zusammenschluss zeitgenössisch sehr fortschrittlicher und mutiger Akteure aus Politik, Unternehmertum und Landwirtschaft hatte sich seinerzeit zusammengefunden, um ein ganzes Konglomerat an Zielen zu realisieren. Die regionalen Folgen waren weitreichend:  Nicht nur die Beleuchtung wurde umgestellt, sondern es folgte auch die Nutzung des Stroms für den Antrieb von Elektromotoren. In der Folge verschwanden die Dampfmaschinen. Der Energiewende folge die technische Revolution.

Nach der Begrüßung durch den GFS-Geschäftsführer und dem kurzweiligen und informativen Vortrag von Dirk Küsters übernahm der Kraftwerksmeister Hubert Breuer die Regie. Der Rundgang führte durch das ganze Kraftwerk, vom noch original eingerichteten Büro des Kraftwerksmeisters bis zu einer Ausstellung zahlreicher Exponate zu ganz unterschiedlichen Elektrogeräten, die mit großer Masse in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Gebrauch waren. Der spektakuläre Höhepunkt des Rundgangs führte jedoch in die Turbinenhalle, wo bis heute als stillgelegte Exponate und als großkalibrige und großartige Zeugen der Energiewende 1905 noch einige der ursprünglichen Wasserturbinen erhalten sind. Bis heute ist das Jugendstilkraftwerk der Energiegewinnung gewidmet. Heute erzeugen allerdings zwei moderne Turbinen mehr Strom als die insgesamt acht Turbinen in früherer Zeit.

Das Teilnehmer-Echo auf die Exkursion war außerordentlich positiv. Spontan gab es einige Anfragen hinsichtlich einer Wiederholung für weitere Interessenten.

Text und Fotos: F.A. Heinen

 

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