Aus der Bilderkiste: Eine neue Kirche im Dorf!

Der 1. Mai 1968 war wohl einer der bedeutsamsten Tage in der Geschichte Scheurens.  An diesem Tag wurde die neue Kirche eingeweiht, die vorwiegend von den Dorfbewohnern in Eigenleistung erbaut und zum größten Teil auch finanziert wurde. Was der 250 Einwohner zählende Ort in den Jahren von 1961 – 1968 dafür an Opfern geleistet hat, ist beispielhaft. Wie kam es dazu?

Am 6. Februar 1945 wurde Scheuren nach heftigen Kämpfen endgültig von den amerikanischen Truppen besetzt. Die noch verbliebene Bevölkerung wurde von der US-Armee aus der Gefahrenzone nach Monschau, Mützenich und nach Gut Reichenstein evakuiert. Es waren vorwiegend ältere Männer, Frauen und Kinder, etwa 120 an der Zahl. Nach fünfwöchiger Evakuierung durften die Scheurener dann den Heimweg antreten. Dankbar dafür, dass sie alle Kriegsgefahren überstanden hatten, machten die Dorfältesten das Gelöbnis, in ihrer Dorfmitte der Gottesmutter eine Kapelle zu bauen.

Nach der Rückkehr hatte man jedoch zunächst andere Sorgen, als eine Kapelle zu bauen. Aber das Gelöbnis vergaßen die Scheurener nicht. Am 19. März 1951, in der Zeit des „Wirtschaftswunders“, beschlossen sie in der Gaststätte Groß, eine Kapelle zu bauen und das Gelöbnis einzulösen. Sie gründeten einen Kapellenverein und beauftragten den Vorstand mit Planung und Bau eines kleinen Gotteshauses. Außerdem führte der Verein monatliche Sammlungen durch, um die Finanzierung sicherzustellen. Da ein ursprünglich vorgesehenes Grundstück nicht mehr zur Verfügung stand, war auch ein neuer Standort erforderlich. Die Stadt Schleiden stellte das in der Dorfmitte gegenüber der damaligen Volksschule gelegene und für den Zweck bestens geeignete Grundstück kostenlos zur Verfügung. Die Einnahmen blieben jedoch bescheiden, der Kassenstand anno 1960 mit 7.700 DM hätte allenfalls den Bau eines Heiligenhäuschens in Eigenleistung zugelassen. Am 1. Mai trat der Gründungsvorstand zurück. Der neue und verjüngte Vorstand mit Heinrich Sauer, Johann Hack, Eduard Groß, Wilhelm Logen, Josef Scholzen und Bernhard Esch nahm die Wahl unter der Bedingung an, „dass spätestens in zwei Jahren mit dem Bau der Kapelle begonnen werden müsse“: Ein sehr hochgestecktes Ziel.

Die Scheurener Kapelle im Frühling.

Der neue Vorstand konnte schon bald den Kirchenarchitekt Norbert Hieronymi aus Bonn, der schon die Kirche in Oberhausen und die Kapelle in Ettelscheid geplant hatte, für das Projekt gewinnen und ihn mit der Planung beauftragen. Schon im Juli 1961 wurde mit den Erd- und Betonarbeiten begonnen. Die Arbeiten wurden – wie auch die meisten folgenden – im Hand und Spanndienst durchgeführt. Die örtlichen Unternehmer erbrachten ihre Leistungen zu „Selbstkostenpreisen“, und auch die übrigen Gewerke konnten in der Hoffnung auf einen künftigen Platz im Himmel zu günstigen Bedingungen beauftragt werden.

Die monatlichen Sammlungen wurden intensiviert. In zwei Briefaktionen wurden auch Freunde und Bekannte um Spenden gebeten, in den Pfarrgemeinden Schleiden, Olef und Oberhausen erfolgten Haussammlungen. Aus dem Erbe von Josefine Heuer erhielt der Verein 10.000 DM, es flossen auch Zuschüsse von Stadt und Kreis Schleiden. In acht Jahren wuchs die Baukasse von 7.700 DM auf dann 130.300 DM an. Davon kamen 88.500 DM aus dem Ort und 41.800 DM von außerhalb.

Am 1. Mai 1968 war es dann soweit, die Kapelle wurde feierlich eingeweiht. „Scheuren begeht den schönsten Tag in seiner langen Geschichte“, so die Überschrift in der Kölnischen Rundschau. Die kleine Kirche ist bis heute ein Schmuckstück in der Dorfmitte. Die großzügige, schlichte Raumgestaltung vermittelt dem Raum eine besinnliche Atmosphäre, und die wertvollen Buntglasfenster von Ernst Jansen-Winkeln lassen den Raum an hellen Sonnentagen in mystischem Licht erstrahlen.

Die Scheurener feiern das 50jährige Einweihungsfest mit einem Gottesdienst und buntem Kirmestreiben am 5. und 6. Mai 2018.

Ein Beitrag von Siegfried Scholzen, Fotos: Archiv der Kapellengemeinde Scheuren.
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