Zentrale Gedenkfeier „Nie wieder Krieg!“

Am 18.11. 2018, Volkstrauertag: Bewegende Gedenkfeier auf dem Euskirchener Friedhof, anschließend Ausstellungseröffnungen im Kreishaus / Erstmals Gedenken an Zwangsarbeiter / Beeindruckendes Konzert des „Euregio Saxophone Orchestra“

Am Sonntag war Euskirchen erstmals Schauplatz der zentralen Gedenkfeier des Bezirksverbandes Köln/Aachen/Düsseldorf des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Nach der feierlichen Kranzniederlegung auf dem Euskirchener Friedhof eröffnete Landrat Günter Rosenke im Kreishaus gleich mehrere Ausstellungen, die in den kommenden Wochen besichtigt werden können. Für Begeisterung sorgte ein Konzert des „Euregio Saxophone Orchestra“, das die Feierlichkeiten umrahmte.

Regierungspräsidentin Gisela Walsken richtete auf dem Euskirchener Friedhof nachdenklich stimmende Worte an die Teilnehmer. Dabei erinnerte sie genau 100 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges nicht nur an die vielen Kriegsopfer, sondern nahm auch Bezug zu den aktuellen Vorkommnissen in Chemnitz: „Ist es nicht der Inbegriff der Sinnlosigkeit, Menschen zu bekämpfen, nur weil sie aus einem anderen Land stammen, weil sie andere religiöse oder politische Ansichten haben?“

Auf ebenso große Resonanz stieß der zweite Teil der Gedenkfeiern im Euskirchener Kreishaus.  Landrat Günter Rosenke fand in seiner Ansprache vor über hundert Gästen ebenso deutliche Worte wie die Regierungspräsidentin.  „Die Toten dürfen nicht vergessen werden, die Toten haben uns, den Überlebenden bzw. den Nachkommen, etwas zu sagen: Nie wieder Krieg!“ Dies müsse gerade heute betont werden, denn so glücklich man auch über mehr als sieben Jahrzehnte Frieden in Europa sein könne, so sehr bestehe doch die „Gefahr der Selbstsicherheit“. Denn diejenigen, die die Schrecken des Krieges noch erlebt hätten, seien inzwischen hoch betagt oder verstorben. Umso wichtiger sei es, der jüngeren Generation den Wert des Friedens zu verdeutlichen.

Zwangsarbeiter

In bewegenden Worten erinnerte Landrat Rosenke im zweiten Teil seiner Rede an Menschen, die im öffentlichen Gedenken bisher völlig vergessen wurden – die Zwangsarbeiter. Mehrere tausend ausländische Zivilarbeiter und Kriegsgefangene wurden in den beiden Weltkriegen in den heutigen Kreis Euskirchen verschleppt. Über 300 von ihnen sind alleine im Altkreis Schleiden zu Tode gekommen.

„Auch diese Kriegstoten dürfen nicht totgeschwiegen werden, auch sie dürfen nicht aus dem öffentlichen Gedächtnis ausradiert werden“, so Rosenke. Er dankte dem Schleidener Journalisten Franz Albert Heinen, der nicht nur die Historie der Zwangsarbeiter im Altkreis Schleiden erforscht und im Buch „Abgang durch Tod“ publiziert hat. Er hatte zugleich mit Nachdruck  gefordert, dass diese Menschen einen festen Platz in der Erinnerungskultur finden und ihr Schicksal somit nicht in Vergessenheit gerät. „Dieser Appell war und ist berechtigt“, sagte der Landrat. „Wir  müssen uns auch zu diesem düsteren Kapitel unserer Geschichte bekennen und einen Weg finden, wie wir der vielen meist osteuropäischen Opfer würdevoll gedenken können.“

Aus diesem Anlass hat das Kreisarchiv unter der Leitung von Heike Pütz in den vergangenen Wochen gemeinsam mit Heinen eine Ausstellung zum Thema „Zwangsarbeit“ konzipiert, die am Sonntag im Kreishaus eröffnet wurde. Auf großformatigen Rollups wird mit Hilfe vieler Fotos nicht nur dieses dunkle Kapitel der Heimatgeschichte auf wissenschaftlicher Basis ausgeleuchtet, die Opfer bekommen auch einen Namen und ein Gesicht. Diese Ausstellung, die noch um zusätzliche Aspekte erweitert wird, kann bis zum 3. Dezember im Kreishaus besichtigt werden. Anschließend soll sie als Wanderausstellung in weiteren Einrichtungen und Schulen gezeigt werden. Den Besuchern im Kreishaus gab mit Professor Horst Matzerath ein renommierter Historiker einen kurzen Einblick in die Geschichte der Zwangsarbeit.

Schulprojekte

Neben dieser Ausstellung sind weitere Präsentationen zur Thematik im Foyer des Kreishauses ausgestellt. So hat die Klasse 10 c der Städtischen Realschule Schleiden zur „Kriegsgräberstätte in Schleiden-Gemünd“ recherchiert, während das Mechernicher Turmhof-Gymnasium zu den „Kriegsgräbern auf dem Friedhof Mechernich“ Untersuchungen angestellt hat, und zwar im Rahmen einer Bildungspartnerschaft mit dem Kreisarchiv (gefördert vom NRW-Kulturministerium und unterstützt durch den LVR). In Anwesenheit der Schüler und Lehrer wurden auch diese kleineren Ausstellungen am Sonntag eröffnet.

Komplettiert wird das Ausstellungs-Ensemble durch Fotos von Dietrich Schubert aus Kronenburg, der die ehemaligen Zwangsarbeiterlager im Altkreis Schleiden in ihrer heutigen Gestalt abgebildet hat. Last but not least: Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zeigt im Kreishaus seine große Wanderausstellung „geflohen, vertrieben, angekommen“.

Landrat Günter Rosenke schloss mit den Worten des US-Amerikaners Kim Hubbard: „Der Friede hat ebenso viele Siege aufzuweisen wie der Krieg, aber weit weniger Denkmäler. Lassen Sie uns dafür sorgen, dass auch der Friede genug Denkmäler bekommt.“

Konzert

Für die „biologische Stärkung“ der Besucher sorgte wie üblich die DRK-Mannschaft. Die musikalische Gestaltung der Gedenkfeier lag in den Händen des „Euregio Saxophone Orchestra“ mit Musikern aus den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und Deutschland. Unter der künstlerischen Leitung von Annick Henquet bot das rund 40 Musiker starke Orchester bei seinem Premierenauftritt im Kreis Euskirchen einen Querschnitt durch’s vielfältige Repertoire – vom „Gefangenenchor“ aus Nabucco bis zu Stücken von Queen, Neil Diamond und den Blues Brothers – ein rundum gelungenes Konzert. (Pressedienst des Kreises Euskirchen)

Die Ausstellungen im Euskirchener Kreishaus können bis zum 3. Dezember besichtigt werden. Die Öffnungszeiten: Mo bis Do von 8.30 bis 15.30 Uhr, Fr bis 8.30 bis 12.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Im Beisein von Regierungspräsidentin Gisela Walsken eröffnete Landrat Günter Rosenke (rechts) im Kreishaus eine Ausstellung zum Thema „Zwangsarbeit“, die auf den Forschungen des Schleidener Journalisten F.A. Heinen (2.v.r.) beruht. Der Erftstädter Historiker Professor Horst Matzerath (links) führte in einem kurzen Vortrag in die Thematik ein. Foto: W. Andres / Kreisverwaltung 

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