Aus der Bilderkiste – „Ich bin dann mal unten“

Der kurze Ausflug des Gemünder Kirchturmhahns.

Im Rahmen der Reparatur des Kirchendachs und des Kirchturmhelms der katholischen Pfarrkirche war es notwendig geworden, den Hahn von der Kirchturmspitze herabzunehmen. Die Dachdecker konnten nur bis zu den Schalllöchern der Glocken im Innern der Kirche hochsteigen und kletterten dann bis in die Spitze außen hoch.

Die Gemünder Kinder ließen sich dieses Spektakel natürlich nicht entgehen und nahmen den zwischenzeitlich abmontierten Hahn in ihre Obhut. Sein furchteinflößendes Äußeres hat sie wohl nicht erschreckt. Und Edmund Herbrand, der praktisch gegenüber wohnte und auch lange Zeit im Kirchvorstand der St. Nikolaus-Pfarre tätig war, nutzte die Gelegenheit für das Foto. Die Kinder haben sich offensichtlich für das Foto exakt aufgestellt: links die Mädchen, rechts die Jungen – wie im Innern der Kirche damals üblich nach Geschlechtern getrennt.

Aus der Pfarrchronik von Wilhelm Kruff erfahren wir, dass die Gemünder Katholiken zwei Jahre lang das Geld gesammelt haben, um die Reparatur des Kirchendachs und des Turmhelms finanzieren zu können (10.000 DM). Sie hatten zwar schon unmittelbar nach Kriegsende mit Sammlungen begonnen, doch durch die Währungsreform 1948 war deren Wert drastisch gesunken. Außerdem hatte die Erneuerung der total zerstörten Kirchenfenster natürlich Vorrang; sie war 1949 erfolgt.

Dass der eindrucksvolle Hahn auf dem Kirchturm die Bombardierungen, die Gemünd zu 80% zerstört hatten, offenbar unverletzt überstand, grenzt schon an ein Wunder. Aber alle Fotos der zerstörten Umgebung aus den ersten Nachkriegsjahren zeigen ihn unverwundet an seinem Platz. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit war er im Rahmen der Arbeiten an Dach und Turm in den Jahren 1933/1934 dort angebracht worden. Und natürlich mussten die Kinder ihn bald wieder freigeben, damit er seinen Platz in luftiger Höhe wieder einnehmen konnte, um von dort das rege Treiben der Gemünder beim Wiederaufbau des kriegszerstörten Städtchens zu beobachten.

Stolz präsentieren die Kinder den abmontierten Kirchturmhahn. Das Foto stammt aus dem Jahre 1951. Es wurde von Edmund Herbrand aufgenommen, dem wir viele Fotos aus dem alten Gemünd verdanken.

Ein Beitrag von Norbert Toporowsky

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