Karl-Josef Lüttgens ist verstorben

Das Geschichtsforum Schleiden (GFS) trauert mit der Familie um Karl-Josef Lüttgens, der zu den Gründern des Vereins gehörte. Am 26.10.1932 in Kall geboren, wuchs er ab 1934 in Schleiden auf und wohnte dort bis zuletzt am Kapellenweg. Er erlebte als Zeuge den Lynchmord von nationalsozialistischen Fanatikern an dem in Kriegsgefangenschaft geratenen US-Piloten Quince Brown. Das entsetzliche Verbrechen löste einen Schock bei dem Jungen aus, der lange nachwirkte. Nach dem Abitur am „Städtischen“ 1954 folgte ein Studium für Deutsch und Geschichte (1954-1962) in Bonn und Freiburg. Nach dem Referendariat in Aachen unterrichtete er von 1964-1970 an den Realschulen Gemünd und Monschau. Von 1970-1973 wechselte er als Austauschlehrer an die Goetheschule in Buenos Aires. Seit 1974 bis zur Pensionierung 1993 war Lüttgens am Berufskolleg Eifel in Kall als Lehrer tätig.

Karl Josef Lüttgens (2017)

Im Ruhestand erforschte er die regionale nationalsozialistische Geschichte. Er bohrte tief und hinterließ seine Fußabdrücke in zahllosen Archiven zwischen Washington, Freiburg und dem Landesarchiv, damals noch in Düsseldorf. Lüttgens fand zahllose Zeitzeugen in der Region und befragte ehemalige Kriegsteilnehmer der US-Truppen und der Wehrmacht, die zur Erkenntnis des Geschehens beim Kriegsende beitragen konnten. Daraus entstand eine wuchtige doppelbändige Geschichte der Kriegsjahre in der Nordeifel (Kriegsjahre, Kriegsende und Neuanfänge im Kreis Schleiden 1939 – 1946, Schleiden 1997). 2013 folgte eine einbändige Zusammenfassung (Als der Krieg in die Nordeifel kam).

Dank seines Auslandaufenthalts in Argentinien vereinte sich in Lüttgens Schriften der globale Blick auf das Ganze mit der regionalen Detailstudie. So etwa mit der Veröffentlichung „Ein Blick in alte Schulchroniken“. Gemeint waren die zahllosen Schulchroniken der Stadt Schleiden, in denen sich neben rein chronologischen Einträgen auch das eher ideologisch als pädagogisch bestimmte Tauziehen um die Schullandschaft und die künftigen Schulformen der neuen Stadt spiegelte. Als monumentale Faktensammlung erwies sich die 2010 veröffentlichte „Chronik des Kreises Schleiden/Euskirchen und seiner Nachbarn 1792 – 1980“.

Karl-Josef Lüttgens 1998 bei der Verleihung des Rheinlandtalers durch die stellvertretende Vorsitzende der Landschaftsversammlung, Ursula Asch.

Dieses unermüdliche Forschen zur regionalen Geschichte würdigte der Landschaftsverband. Am 23.06.1998 wurde Lüttgens im Sitzungssaal des Kreishauses durch die stellvertretende Vorsitzende der Landschaftsversammlung, Ursula Asch, für seine Darstellung zum Kriegsende mit dem Rheinlandtaler ausgezeichnet. Asch bezeichnete den Schleidener Forscher als Mann von „hohem Engagement und wissenschaftlicher Kenntnis“. Landrat Günter Rosenke fasste die Laudatio zusammen: „Karl-Josef Lüttgens hat sich um das Rheinland verdient gemacht.“ Der Geehrte betonte, er habe das Geschehen „nicht als Männergeschichte in der Nähe von Landser-Literatur“ dargestellt, sondern als den Versuch eines Verbrechensregimes, ein ganzes Volk in den Abgrund zu reißen. Persönlich zeigte er sich ironisch-bescheiden angesichts der vielen Lobesreden: „Ich wusste nicht, welche Qualitäten in mir schlummern, und es bleibt ein Rest Zweifel.“ 

Karl Josef Lüttgens verstarb am 29.03.2021 im Alter von 88 Jahren in Schleiden.

Geschichtsforum Schleiden e.V. – F.A. Heinen

 

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