Aus der Bilderkiste – Die alte Mahlmühle zu Gemünd

Eine im Jahr 1900 abgestempelte Postkarte vom Verlag Wilhelm Lenz in Gemünd,

Bei dem Haus rechts, hier ein Ausschnitt einer im Jahr 1900 abgestempelten Postkarte, handelt es sich um eine Gemünder Getreidemühle, die bis 1899 existierte.

die aus der Sammlung von Herbert Wollgarten aus Morsbach stammt, zeigt die heutige Alte Bahnhofstraße mit der evangelischen Kirche an der Urft in Gemünd. Der Fotograf muss oben im heutigen Hotel Friedrichs gestanden haben. Bei dem Haus rechts im Bild handelt es sich um eine Mühle, einen Bau aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, zu der der kleine Stall links daneben gehörte. Vom Wehr an der evangelischen Kirche führte ein Wassergraben zur Mühle, von wo aus das Wasser wieder in die Urft geleitet wurde. Der Graben ist zugeschüttet worden. Wo das Wehr stand, ergießt sich heute ein kleiner Wasserfall.   

Näheres über dieses Haus ist in dem Artikel „Die alte Mahlmühle zu Gemünd“ des Gemünder Historikers Wilhelm Günther zu erfahren, der am 17. Februar 1961 in der Eifeler Volkszeitung erschienen ist. Demnach war die Gemünder Mahlmühle ursprünglich eine Bannmühle der Herrschaft Dreiborn. Durch ein im 12. Jahrhundert entstandenes Gewerbebannrecht hatte der Grundherr, hier der aus Dreiborn, das alleinige Recht zum Bau und Betreiben einer Mühle. Er konnte seine Untertanen zwingen, dort ihr Getreide mahlen zu lassen.

1419 wurde die Gemünder Mühle zum ersten Mal erwähnt. Das Weistum, d.h. die Rechtsordnung der Herrschaft Dreiborn, aufgezeichnet im Jahre 1419, dem Geburtsjahr der Lehnherrschaft Dreiborn, berichtet auch über die Mühlen des Landes Dreiborn: „Auch so synt tzwo Mullen in dem Landt, da weyss eyn geglicher huysmann wo er gehoert zu maellen.“ „Diese Mühlen lagen in Gemünd und Olef. Später sind noch andere Mühlen hinzugekommen“, berichtet Günther. „Die Gemünder Mühle, gelegen gleich oberhalb der Jülicher Brücke mit dem Wehr unterhalb der evangelischen Kirche, existierte also bereits 1419, geht mindestens in das 14., wenn nicht gar in das 13. Jahrhundert zurück. Die Mühle war Eigentum der Herrschaft Dreiborn. Die Bewohner links der Urft gelegenen Teile von Mauel, Gemünd und Malsbenden mussten hier mahlen lassen.“ Wer anderswo mahlen ließ und dabei vom Müller erwischt wurde, verlor „Sack und Perdt“. Das Pferd erhielt der Dreiborner Landesherr, Sack und Mehl behielt der Müller. Ließen die Maueler, Gemünder und Malsbendener in der Gemünder Mühle mahlen, mussten sie dem Müller seinen Mahllohn, den „Molther“, geben. Laut Günther durften auch die Gemünder und Malsbendener rechts der Urft und die Wolfgartener, die auf dem Grund und Boden des Amtes Heimbach lebten, in der Gemünder Mühle mahlen lassen. Aber zuerst wurde das Getreide der Untertanen gemahlen, die zur Herrschaft Dreiborn gehörten.

„Die Mühlenpacht war ziemlich hoch“, so Günther. „Im Jahre 1556 waren im Jahr zu zahlen 30 Malter Hafer, zwei fette Schweine zu 250 Pfund, acht Gänse und acht Kapaunen (Masthähne).“ Es gab ein eigenes Gemünder Malter, das etwa 165,2 Litern entsprach.

Auch Namen der Müller aus der Gemünder Mühle sind überliefert. Im September 1574 ist „Wilhelm Mauwel Jorresson von Malsbenden Mulner zu Gemünd“. Im Dreißigjährigen Krieg hatten Mitglieder der Familie Vandt die Mühle gepachtet. „Im Jahre 1676 gab es zwei Pächter: Hans Peter Esch und Johann Geyr“, schreibt Günther. „Letzterer war ein unternehmender Mann. Er hatte auch die Mühlen zu Olef, am Patersweiher (bei Dreiborn) und in der Schafbach (bei Berescheid) gepachtet und war 1694 auch Eisenfabrikant (,Reitmeister‘) zu Olef. Im Jahre 1710 war eine Frau Daria Werner Mühlenpächterin. Zuletzt hatten die Herren von Harff im Jahre 1789 die Mühle an Johann Jüffing (Wollseifen) verpachtet. Er war zugleich Besitzer der halben Pletschmühle (oberhalb der Sauermühle im Helingstal) und beziffert in einer Steuererklärung sein Vermögen (zwei Häuser und 42 Morgen Land) auf 563 Reichstaler und sein Einkommen auf 32 Reichstaler. In der Pacht hatte sich die Herrschaft seit dem 17. Jahrhundert auf Roggen (Pachtzins 13 Malter) umgestellt; dagegen waren drei fette Schweine zu 250 Pfund und statt des Geflügels ein Goldgulden zu geben.“ Um 1750 betrug die Mühlenpacht neben den 13 Maltern Roggen und 3 fetten Schweinen noch 24 Reichstaler und 6 Pfund Kanarienzucker.“ Kanarienzucker ist laut des 1873 erschienenen fünften Bandes des Deutschen Wörterbuchs von Jacob und Wilhelm Grimm der Zucker von den Kanarischen Insel vor Marokko.

Die Gemünder Mühle hatte 1820 zwei unterschlächtige Wasserräder und zwei Gänge. In ihr waren zwei Arbeiter beschäftigt. Günther berichtet weiter: „Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts ging die Mühle in den Besitz der Gebrüder Fesenmeyer über, die sie abbrechen ließen, um hier 1899 eine Kraftanlage zu errichten. Die Stadt Gemünd wurde von dort aus von 1900 bis April 1914 mit elektrischem Strom versorgt.“ 1914 übernahm die Rurtalsperrengemeinschaft die Stromversorgung. 1961, als Günthers Artikel erschien, stand dort das Haus Runge, heute Middel.

Ein Beitrag von Bernd Kehren und Herbert Wollgarten
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