Einen großen und renommierten Raum am Gemünder Platz „Alte Schule“ nimmt das Café Drehsen-Theisen ein. Die ursprüngliche Bäckerei war eine von vielen im Städtchen, aber eine mit langer Tradition.
Dazu heißt es beim verstorbenen Ortshistoriker Rudolf Gehrke: „Nicht minder bekannt, war das über drei Generationen von der Familie Drehsen in der Dreiborner Straße geführte Geschäft. Die drei Firmeninhaber führten alle den gleichen Vornamen Peter.
Der Großvater des späteren Bürgermeisters von Gemünd hatte bei einem Bäckermeister in Düren gelernt, ehe er sich in dem Haus Dreiborner Straße 170 selbständig machte. Weil die Kapitaldecke dünn war, schaute er sich unter den infrage kommenden Töchtern des Landes um. Freunde rieten ihm, eines der Saurbier-Mädchen „am Berg“ zu ehelichen, denn „die könne gut einen Backofen mitbringen!“ Auf den Rat guter Freunde konnte man sich auch damals schon verlassen. Peter tat wie ihm geraten wurde.
Auf den Tisch kam damals das übliche Schwarzbrot, das uralte Eifeler Roggenschrotbrot. Es war dann auch gleich im Schleidener Tal eine Sensation, als Peter Drehsen (I.) begann, Graubrot zu backen. Es hatte sich also gelohnt, über die Grenze des Kreises hinauszugehen, um dort zu lernen. Der Kundenkreis für diese Neuerung war selbstredend klein, denn was man nicht kennt …. Etwas Neues setzte sich damals in der Eifel nur sehr langsam durch. Der Umsatz betrug in den ersten Jahren etwa sechs Brote die Woche.
Prominenz, die auch schon einmal über die Grenzen des engen Tales hinausgeschaut hatte, gehörte zum Kundenkreis, so der damalige Landrat Hermann von Schlechtendal, die Fabrikantenfamilie Fesenmeyer und Ferdinand Poensgen. Für letzteren wurde das Brot extra kurz und gedrungen gebacken, „damit es weniger Kruste hat!“ wie er zu sagen pflegte. Der Fabrikant Rudolf Haas war besonders sparsam; er bestellte ein halbes Graubrot für die Woche.
Die Söhne Peter und Josef, die im väterlichen Betrieb arbeiteten, wurden zwecks Erweiterung der Kenntnisse im Bäckerhandwerk nach Bonn geschickt, um sich mit der Feinbäckerei vertraut zu machen.
1913 erweiterte Peter Drehsen (II.) den Betrieb um ein Café. Auch das war eine Neuerung im Schleidener Tal. Es bestand aus zwei kleinen durchgehenden Räumen mit 16 Sitzplätzen.
Aufgeschlossenheit zeichnete den Bäckermeister aus. Im gleichen Jahr stellte er einen Dampfbackofen auf. 1924 wurde in seinem Haus die erste elektrische Kühlanlage im damaligen Kreis Schleiden installiert. Das Café wurde erweitert, ein Gartencafé schloss sich bald an.
Zusammen mit dem rührigen Bürgermeister Josef Töchters stellte er Überlegungen an, wie die aufblühende Kurstadt Gemünd für den Fremdenverkehr attraktiver zu gestalten war. Auch an der Neugründung der Schützengesellschaft durch Töchters war er maßgeblich beteiligt.
Als er 1934 von seinen Mitbürgern aufrichtig betrauert starb, rückte sein damals gerade zwanzigjähriger Sohn Peter (III.), nunmehr der dritte in Folge, nach. Im darauffolgenden Jahr legte er seine Meisterprüfung ab und war damit jüngster Handwerksmeister im ganzen Rheinland.
Das Café wurde erweitert und bot 170 Gästen Platz, um Kuchen, Torte und eine gute Tasse Kaffee zu genießen. Das Ende kam am Kirmessonntag des Jahres 1944. Amerikanische Jagdbomber griffen im Tiefflug einen Tanklastwagen an, der hinter der Dreiborner Straße geparkt war. Die gewaltige Explosion löste ein Flammeninferno aus. Vom Haus des Bäcker- und Konditormeisters Peter Drehsen blieben nur noch angeschwärzte Mauerreste.
Als der nunmehr einunddreißigjährige Peter aus dem Krieg heimkehrte, krempelte er die Ärmel hoch und sechs Wochen später zog er wieder die ersten Brote aus dem Backofen.
Am Kirmessonntag 1949 war das Café wieder hergerichtet, eine Gartenterrasse kam später hinzu.
Peter Drehsen (III.) setzte sich in hohem Maße für seine Mitbürger ein. Er übernahm Pflichten in der Kreis-Innung und war Mitglied der Vollversammlung in der Handwerkskammer Aachen. Seit 1952 gehörte er dem Stadtrat an und bekleidete von 1964 bis zur Kommunalen Neugliederung 1971 das Amt des Bürgermeisters.
Vielen Gemündern wird noch in Erinnerung sein, dass das Café für zahlreiche Festivitäten sehr gefragt war, ob für Schützen, Feuerwehr, Karnevalsverein, Männergesangverein oder auch für die Politik. So schreibt die Kölnische Rundschau am 22. November 1952 über ein wichtiges Ereignis: „Der neu gewählte Stadtrat versammelt sich wegen der gewachsenen Mitgliederzahl im Café Drehsen, also im Haus bei einem der ihrigen. Man sitzt getrennt nach Fraktionen, an hufeisenförmig aufgestellten, weißgedeckten Tischen, die mit Blumen dekoriert sind. Eine so formvollendete Sitzung hatte Gemünd seit Kriegsende nicht wieder erlebt. Mit dreizehn von achtzehn Stimmen wird Dr. Max Fesenmeyer zum neuen Bürgermeister gewählt. Sein Stellvertreter wird der Dachdeckermeister Peter Mohren.“
Die frühere Chefin Elisabeth Theisen, vormals verheiratet mit Peter Drehsen (III.), über gab am 1. Januar 1990 das Traditionsgeschäft an Sohn Carl-Leo, den gelernten Bäckermeister und Koch, und dessen Ehefrau Hedi. Seinen Charme strahlte weit über die Stadtgrenzen hinaus und die lukullischen Qualitäten zu jeder Jahreszeit erfreuten gleichermaßen Gemünder und touristische Gäste.
Im Juli 2021 wurde Café durch die große Flut stark zerstört. Hoffen wir, dass das zerstörte Café und Restaurant nach der Geschäftsübergabe, Renovierung und Wiedereröffnung in neuem Glanz erstrahlt und den Gästen zur Verfügung steht.
Ein Beitrag von Klaus Stüber