Endlich ist es wieder soweit: Nach fast dreijähriger Pause (Corona, Flut) können wir wieder einen Vortrag anbieten:
Freitag, 14. April 2023, 19 Uhr
In der Pfarrkirche in Sistig
Der Sistiger Ortsvorsteher Karl Vermöhlen referiert über die Geschichte und die nicht alltägliche künstlerische Ausgestaltung der Sistiger Kirche. Die Pfarrkirche St. Stephanus wurde am 12. Juli 1904 durch den Kölner Weihbischof Josephus Müller geweiht. Der Vorgängerbau war wohl um 1500 errichtet worden. In einer Steinfelder Urkunde aus dem Jahre 1310 dem Steinfelder Abt und dem Schleidener Grafen beurkundet, dass von Allerheiligen bis zum Beginn der Fastenzeit in Sistig nur sonntags eine Messe gelesen werden müsse.
Berühmt ist die Sistiger Kirche durch die Ausgestaltung durch Ernst (Johann) Jansen-Winkeln. Außer den bekannten Wand- und Deckenmalereien hat Jansen-Winkeln auch 1945 die drei hohen Glasfenster entworfen; 1948 wurden sie von der Fa. Oidtmann in Linnich gefertigt (und 2019 von der gleichen Firma renoviert). Auch die Holzschnittdrucke des Kreuzwegs und die beiden Holztabernakel an den Seitenaltären wurden von dem Künstler geschaffen, so dass Sistig das weite Spektrum seines Schaffens abbildet.
Ernst Jansen-Winkeln begann die Ausmalung im März 1941. Durch seine Einberufung zur Wehrmacht im Oktober 1941 wurde sie unterbrochen. Die erste Periode der Ausmalung umfasst den Chorraum und die beiden ersten Joche des Mittelschiffs. Da die übrigen Joche erst danach ausgemalt werden konnten (Oktober 1945 bis Januar 1948), finden wir hier einen bemerkenswerten stilistischen Wandel.
Deshalb ist es besonders interessant, diesen stilistischen Wandel auch in einen geschichtlich-politischen Kontext zu stellen. Im ersten Joch verteidigt ein Soldat mit Stahlhelm und aufgepflanztem Bajonett die „Heimat“ (obwohl die Wehrmacht einen rücksichtslosen Angriffskrieg führte!); der Stil der Malerei erinnert an den typischen NS-Stil. Im Verlauf der Mittelschiffmalerei finden sich zunehmend eher expressionistisch anmutende Stilelemente, was dann in den Seitenschiffen ganz deutlich wird. Dort finden sich auch die bekannten Bezüge zu der damals weniger als 40 Monate zurückliegenden NS-Diktatur mit Menschen hinter Stacheldraht im KZ, auch mit den kapitalismuskritischen Darstellungen des Habgierigen, für den nur das Geld zählt, mit den Philosophen und Staatsmänner, die den christlichen Glauben kritisch sahen (Marx, Lenin, Nietzsche). Der Gekreuzigte verschwindet in der industrialisierten Welt: hinter Fördertürmen und der Lokomotive – damals das Synonym für das sich langsam erholende Deutschland – kann man ihn kaum erkennen.
Und natürlich den „Sistiger Hitler“ – dargestellt als Biedermann im Gehrock (wie anfangs auch 1933), der Kreuz und Bibel verbrennt, angefeuert vom Teufel, der ihm auf der Schulter sitzt.
Die Kirche explodiert….
Neugierig geworden?
Dann kommen Sie zum Vortrag in die Pfarrkirche in Sistig! Begrenzte Teilnehmerzahl, Anmeldung erforderlich: norbert.toporowsky@gf-sle.de