Die Gerichtsbarkeit in Gemünd hat eine lange und bewegte Geschichte. Im Mittelalter hatten die Edelherren oder Grafen in ihren Territorien die Gerichtsbarkeit. Bis 1794 gehörte das Land links der Urft zur Dreiborner Seite und rechts der Urft zur Jülicher/Heimbacher Seite. In diesen Gebieten wurden Schöffengerichte errichtet. Seit 1624 unterstand Gemünd auf der Jülicher Seite dem Schöffengericht Heimbach. Seit Ende des 16. Jahrhunderts wurden die Gerichtsverhandlungen des Schöffengerichts von Dreiborn in Gemünd gehalten.
Erster Friedensrichter auf Jülicher Seite in Gemünd war 1798 Ign. Stoltzen. Vorher war er Amtmann in Heimbach. Da er in Heimbach wohnte, waren auch die Gerichtsräume in Heimbach. In Gemünd standen keine Räume zur Verfügung. Sein Nachfolger als Friedensrichter – Bücken, setzte dann auch Gerichtstermine in Gemünd an. In Heimbach war allerdings das Kantonsgefängnis. Wegen des Transportes der Gefangenen nach Gemünd gab es deshalb Probleme.
Durch den Einmarsch der Revolutionstruppen kam Ende des 18. Jahrhunderts das Rheinland und somit auch Gemünd unter französische Herrschaft. Die Franzosen begründeten 1798 den Kanton Gemünd und führten hier auch das französische Recht ein. Gemünd erhielt damit auch das Friedensgericht. 1815 wurde das Rheinland auf dem Wiener Kongress Preußen zugeschlagen. Gemünd wurde 1816 Kreisstadt. Durch die Entscheidung der preußischen Regierung blieb vorerst (bis 1900) französisches Recht bestehen und Gemünd behielt das Gericht.
Die Kreisstadt musste nun nach Räumlichkeiten für das Gericht suchen. 1820 wurde für ein Jahr das Haus Rotscheid am Fallstock (heute Schleidener Str.) Nr. 86 für das Friedensgericht angemietet. Ein Jahr später vermietete Wilhelm Jacob Günther, zuerst zu günstigen Konditionen, sein Haus in der Bergstraße dem Friedensgericht. Später gab es Auseinandersetzungen wegen der Mieterhöhungen.
Inzwischen war Schleiden Kreisstadt geworden und wollte auch wieder ein Gericht haben. Deshalb gab es Auseinandersetzungen mit Gemünd, aber das Gericht blieb weiterhin in Gemünd. Im Jahre 1856 zog das Friedensgericht erneut um. Im Hinterhaus des Albert Poensgen, Am Werk, (heute Alte Bahnhofstr. Haus Allofs/Konrads) blieb das Friedensgericht fast 25 Jahre.
Im Jahre 1877 wurde in Berlin ein neues Gerichtsverfassungsgesetz zur Vereinheitlichung der Gerichtsordnung erlassen. Die Friedensgerichte wurden in Amtsgerichte umbenannt und neue Gerichtsbezirke wurden eingerichtet.
Jetzt wandten sich Kaller Industrielle an die Kölner Justizbehörden, um eine Verlegung des Amtsgerichts von Gemünd nach Kall zu erreichen. Nach vielen Aktivitäten des Bürgermeisters von Gemünd und durch Kontaktaufnahmen in Berlin mit dem Geheimen Regierungsrat von Harff, der aus der Eifel kam, und der Zusage ein neues Gerichtsgebäude zur Verfügung zu stellen, kam dann von Berlin die erlösende Nachricht, dass Gemünd weiterhin Gerichtsstandort bleiben durfte.
Im September 1878 kam bei der Besichtigung des Hauses Am Werk eine Kommission zu der Ansicht, dass die Gerichtsräume nicht mehr geeignet seien. Die Stadt Gemünd sollte ein neues Gerichtsgebäude zur Verfügung stellen. Zwei Tage nach der Besichtigung durch die Kommission beschloss der Stadtrat von Gemünd, ein Gerichtsgebäude zur Verfügung zu stellen.
Da sich kein geeignetes Gebäude in Gemünd befand, sollte ein neues Haus errichtet werden, welches sowohl das Amtsgericht als auch das Rathaus aufnehmen sollte. Ein Grundstück in der Dreiborner Straße wurde erworben, und am 27. November 1878 konnte der Grundstein gelegt werden. Die Errichtung des Gebäudes ging zügig voran, sodass bereits im Oktober 1879 die erste Gerichtsverhandlung stattfinden konnte. Hinter dem Amtsgericht befand sich das Gefängnis (Bild 2). Der damalige Friedensrichter in Gemünd, Heinrich Hauck, wurde am 29.01.1880 zum Amtsgerichtsrat ernannt. Im Jahre 1879 gab es bereits zwei Richter am Amtsgericht. Schon bald war das Gebäude für zwei Verwaltungen zu klein, sodass die Stadt Gemünd ein neues Rathaus auf der Dreiborner Straße gegenüber dem Amtsgericht erbauen ließ.
Kurz vor Ende des 2.Weltkriegs sprengten deutsche Soldaten das Gerichtsgebäude in der Dreiborner Straße (Bild 3).
Nach dem 2.Weltkrieg musste das Amtsgericht Gemünd unter recht schwierigen Bedingungen im Herbst 1945 wieder errichtet werden. Mit einem Richter wurde das Amtsgericht in der 2. Etage und im Dachgeschoss des damaligen Finanzamtes in der Schleidener Straße untergebracht. Das Gebäude war im Krieg wenig beschädigt worden. In diesem Haus musste sich das Gericht mit dem Finanzamt, der Polizei, der Post, der Stadtverwaltung und dem Zoll die Räume teilen. Für kurze Zeit war das Gericht 1949 im Hause Knie, Ecke Dreiborner Straße/Neustr. untergebracht.
Im Oktober 1949 wurde am Marienplatz mit einem Neubau des Amtsgerichts begonnen. Am 12.06.1951 konnte das Amtsgericht feierlich eröffnet und von Oberamtsrichter Karl Kaefer als ersten Richter übernommen werden. Bereits 1951 kam ein Erweiterungsbau mit Gefängnistrakt hinzu (Bilder 4 und 5).
Die Überschwemmungen durch Starkregen in der Nacht vom 14. zum 15. Juli 2021 haben auch die Gebäude des Amtsgerichts erheblich beschädigt; insbesondere wurden der Keller mit den alten Akten unter Wasser gesetzt. Die Wiederherstellung der Akten wird noch lange Zeit in Anspruch nehmen. Heute hat das Amtsgericht Gemünd 5 Richter und 49 Mitarbeiter.
Ein Beitrag von Norbert Stoffers (05/2023).