Kreisarchiv freut sich über Gemünder Wochenblatt 1848/49 und Zwangsarbeiter-Dokumentation.
Mit zwei Geschenken im Gepäck waren F.A. Heinen und Siegfried Scholzen jetzt ins Kreishaus gekommen. Im Namen des Geschichtsforums Schleiden überreichten die beiden einen Nachdruck des Gemünder Wochenblatts der Jahre 1848/49 und eine statistische Ausarbeitung über Zwangsarbeit 1939-45 im ehemaligen Landkreis Schleiden.
Kreis Euskirchen. Der politische Tsunami des Revolutionsjahres 1848 schwappte bis in die Eifel. Der Wellenschlag der ersten deutschen Revolution, einer bedeutenden Wegmarke hin zur Demokratie, führte im gleichen Jahr zur Gründung des „Gemünder Wochenblatt“ – eine bewusste Alternative zum Schleidener „Unterhaltungsblatt“, das eher Mitteilungsblatt der Obrigkeit war. Das von dem Redakteur Josef Kirfel herausgegebene Wochenblatt verstand sich ausdrücklich als Künderin der neuen Zeit und stellt heute ein ausgesprochen wertvolles Zeugnis zur regionalen Entwicklung der Demokratie dar.
Kürzlich überreichte das Geschichtsforum Schleiden (GFS) dem Kreisarchiv eine als Buch gebundene Reproduktion der Ausgaben der Jahre 1848/49. Der Faksimile-Druck schließt eine wesentliche Lücke im Bestand des Kreisarchivs und steht ab sofort allen Interessenten zur Verfügung. Zwar hatte das Kreisarchiv bereits nachfolgende Ausgaben des Blattes, aber das wesentliche Jahr 1848 fehlte. Die GFS-Mitglieder Klaus Stüber und Siegfried Scholzen hatten nach einem entsprechenden Hinweis die Gelegenheit ergriffen, die Zeitungsausgaben bei Kirfels Urenkelin Hildegard Knieps in Bad Neuenahr zu reproduzieren.
Die zum Buch gebundenen gedruckten Reprints übergaben Siegfried Scholzen und F.A. Heinen vom Vorstand des GFS bei einem Besuch im Kreishaus als Geschenk des Vereins an das Kreisarchiv. Damit können forschende Kollegen künftig arbeiten. Landrat Günter Rosenke zeigte sich erfreut und kündigte spontan eine Spende in die Vereinskasse an, nachdem er ausgiebig in dem Buch geblättert hatte. Auch die Leiterin des Kreisarchivs, Heike Pütz, machte aus ihrer Freude über den Neuerwerb keinen Hehl. Interessenten können den Jahresband über das Geschichtsforum erwerben. [Hier der „Klick“ zum Bestellformular]
Mit dem Faksimile-Band übergab das GFS dem Archiv auch eine Ausarbeitung, die für den Verein zur echten Fleißarbeit geworden war. Listen der Krankenkassen Allgemeine Orts-Krankenkasse (AOK) und Landkrankenkasse Schleiden (LKK) aus dem Jahr 1948 im Archivbestand des Internationalen Suchdienstes (ITS) in Bad Arolsen zu nichtdeutschen Krankenversicherten 1939-45 hatten etliche Vereinsmitglieder zuvor in eine Datenbank übertragen. Die Angaben spiegeln die damalige Zwangsarbeit im Landkreis Schleiden zwar nicht vollständig, aber doch weitgehend: zu 70-80 Prozent, wie F. A. Heinen, der zweite Vorsitzende des Vereins, schätzte. Insgesamt sind darin über 2800 Namen von Nichtdeutschen erfasst, die überwiegend unfreiwillig zur Zwangsarbeit in das Reichsgebiet gebracht wurden – einschließlich der Arbeitgeber bis 1945.
Die Einträge, die bereits in der Quelle offensichtlich eine Menge Falschschreibungen von Familien- und Ortsnamen enthalten, bildeten die Grundlage einer statistischen Ausarbeitung, die Vereins-Geschäftsführer Siegfried Scholzen zusätzlich mit Grafiken unterstützte. Eine als Buch gebundene Ausgabe steht nun der weiteren Forschung im Kreisarchiv zur Zwangsarbeit zur Verfügung. Die Darstellung beschreibt anhand der Versichertenlisten die Verteilung der weit überwiegend polnischen und sowjetischen Arbeiter in den Orten des Kreises Schleiden, soweit sich die Angaben aus den Quellen entnehmen lassen. Geordnet ist die Ausarbeitung nach den heutigen Kommunalgrenzen. Das ermöglicht es trotz der Lückenhaftigkeit der Quellen insbesondere anhand anschaulicher Grafiken, sich einen schnellen Überblick über das Ausmaß der Zwangsarbeit in einzelnen Orten zu verschaffen.