Aus dem Leben der alten katholischen Volksschule Gemünd Anfang der 50er Jahre.
Im Herbst des Jahres 1953 geht Klassenlehrer Karl Burton mit den Schülern des 1. Schuljahres der katholischen Volksschule Gemünd vom damaligen Schulgebäude in der Dreiborner Straße in den Berenauel. Ein kleiner Hang an der Bergseite des Sportplatzes ist optimal geeignet, alle Schüler der Klasse – und das sind mehr als 40 – so zu positionieren, dass jeder gleich gut ins Bild passt. Die Fotografin ordnet die Kinder noch kurz, Lehrer Burton sitzt am linken Rand, und dann wird das Foto geschossen.
Es ist nicht nur für die Schüler (aufgrund der geltenden Bestimmungen sind sie zwischen dem 1.7.1946 und dem 30.6.1947 geboren) ein bleibendes Dokument, sondern mehr noch für den Lehrer. Denn es war das letzte Dienstjahr von Karl Burton (geb. 1889), der zum Ende des Schuljahres, also Ostern 1954, in den verdienten Ruhestand tritt. Er ist bereits in den 1920er Jahren an der Gemünder Schule tätig, zwischenzeitlich auch an Nachbarschulen abgeordnet, so vom 1.1.1942 bis zu deren kriegsbedingten Schließung am 5.9.1944 an die damals „Deutsche Schule“ in Oberhausen, und kehrt nach Ende des 2. Weltkriegs an die Gemünder Schule zurück. Das Haus in der Urftseestraße hat er während seiner Dienstzeit weiter bewohnt. Dass er auch ein guter Fußballer gewesen sein muss, kann man an einem in Manfred Müllers Bildband „Gemünd. Bilder erzählen“ auf Seite 163 veröffentlichten Foto entnehmen, das ihn als Spieler der 1. Mannschaft des VfL Gemünd aus dem Jahre 1923 zeigt.
Die Gemünder Volksschule erlebt im Jahre 1954 eine weitere wichtige personelle Veränderung; denn auch Rektor Bernhard Wolff, Lehrer seit 1908, und ab 1913 in Gemünd, also insgesamt unglaubliche 46 Jahre, lehrte, wird zu Ostern 1954 in den Ruhestand verabschiedet. Sein Nachfolger als Rektor wird Heinrich Bach – von den Schülern wegen seiner roten Gesichtsfarbe liebevoll nur „Schnaps“ genannt. Neue Klassenlehrerin als Nachfolgerin von Karl Burton wird Agnes Maria Rader, heutige Frau Groß. Aus Höfen kommend ist es ihre erste Dienststelle, welche sie viele Jahre lang mit großer Beliebtheit bei den Schülern ausübt.
Im Übrigen unterrichten die Klassenlehrer jener Zeit alle Fächer, ob Rechnen oder Sport, ob Singen oder Diktat; einzig die Fächer der Religionslehre („Bibel“ und „Katechismus“) werden von Pfarrer Dr. Heitzer unterrichtet.
Bis zum 4. Schuljahr werden die Klassen jahrgangsweise geführt, das 5. bis 8. Schuljahr zusammengefasst, aber getrennt nach Jungen (Lehrer: Raphael Lehner) und Mädchen (Frau Elsbeth Schreiner, später Mensen).
Einen Schulbusverkehr gibt es noch nicht. Ob aus dem tiefsten Malsbenden, ob vom äußersten Ende Mauels oder aus dem Ort Nierfeld (dessen Schule schon über 40 Jahre vorher geschlossen wurde) – alle Schüler kommen bei jedem Wetter zu Fuß in die Dreiborner Straße.
Das Schulgebäude an der Dreiborner Straße, auch wenn es nur wenige Jahre nach diesen Aufnahmen seine ursprüngliche Funktion verliert, ist im Kern bis heute erhalten. Es gibt Anfang der 50er Jahre zwei Schulhöfe, einen nach vorn, also zur Straße hin, für die Mädchen (das Foto muss folglich an einem Nachmittag entstanden sein), einen nach hinten Richtung Urft für die Jungen; auf dem Foto liegt rechts neben der Eingangstreppe die Kohle zum Beheizen der Räume. Und dieser Jungenschulhof wird am linken Rand vom damaligen Gefängnis begrenzt, dessen Insassen durch „schwedische Gardinen“ auf den Schulhof blicken können – eine Nachbarschaft, die heute Eltern und Pädagogen zu schärfstem Protest veranlassen würde.
Schulhof für Jungen (Hubert Meyer, Fotoarchiv Medienzentrum Kreis Euskirchen) |
Vorderer Schulhof für Mädchen (Hubert Meyer, Fotoarchiv Medienzentrum Kreis Euskirchen) |