Aus der Bilderkiste – Kanalbau in Ettelscheid

Ein Beitrag von Miro Honhoff. Im Mai 1971 kauften wir ein Haus in Ettelscheid. Es ist ein Fachwerkhaus – eine Bauernkate. Im Ort waren die meisten Häuser schon wesentlich moderner. Zuerst als Wochenenddomizil gedacht, wurde es über die Jahre zu einem anständigen Wohnhaus umgestaltet.

Es gab nur eine Wasserstelle im Haus und ein Plumpsklo. Das Wasser der Küche wurde in einen kleinen Schacht vor der Haustüre geleitet; von dort aus versickerte es irgendwohin. Den Inhalt vom Plumpsklo mussten wir in regelmäßigen Abständen im Garten vergraben. Das war eine so unangenehme Arbeit, dass wir schon bald entschieden, diesen unhaltbaren Zustand zu ändern. Eine Sickergrube musste her. Mit Hilfe von Freunden wurde ein Dreikammersystem hinterm Haus gebaut. Später wurde darüber unsere jetzige Terrasse angelegt. In regelmäßigen Abständen kam ein Pumpwagen, um die gesammelte Brühe abzusaugen und so die Sickergrube zu leeren. Ähnliches sah man überall im Dorf. Es war eine Zeit des Umbruchs – unser Bergdorf wurde wohlhabender.

Bald ersetzte ein anständiges Badezimmer mit Dusche das kalte Kämmerlein, in dem das dicke Brett mit Sitzloch und Holzdeckel angebracht war. Während der Bauzeit stand der besagte Eimer mit abgestütztem Brett in der Scheune. Als Übergangslösung.

„Ettelscheider Umleitung“

1992 war in unserem Bergdorf ein neuer Abwasserkanal fällig. Der Bürgermeisterkanal Ettelscheid, der zu Verbandskläranlage Schleiden führte, musste an den neuen Verbindungssammler Weihermühle angeschlossen werden. Es gab ein Bauprogramm für die erweiterte Kanalisation in Ettelscheid. Als erste Maßnahme wurde der durch Karten ausgewiesene Bereich vom Kampfmittelräumdienst mittels Luftbilder und durch Testsondung [#Kampfmitteldetektion, Untersuchung des Untergrundes auf Kampfmittelrückstände] eingehend überprüft.

Im ersten Bauabschnitt wurde im Oberdorf die Straße aufgerissen und 420 Meter Abwasserrohre verlegt (Ameisenhardt 175 m, Heidersberg 65 m). Ortsvorsteher Niemeier machte auf den Erhalt der landschaftstypisch gestalteten fünfzeiligen Natursteinrille beiderseits der Fahrbahn aufmerksam. Das eigene Grundstück zu betreten, war manchmal ein Balanceakt. Größere Sorgen jedoch machte man sich wegen den Kosten, die auf die Grundstückbesitzer zukamen. Denn es sollte nicht nur ein Beitrag für die Hausanschlusskanäle und Straßenabläufe bezahlt werden, sondern auf dem eigenen Grundstück musste verrohrt werden – auf eigene Kosten! Sickergruben lagen meist hinterm Haus – der neue Abwasserkanal lag vorne auf 1,20 m Tiefe.

Danach war das Unterdorf an der Reihe (380 m). Zwischen Ober- und Unterdorf liegt eine Nebenstraße: „An der Linde“ (80 m). Dort traten Probleme auf, denn hier säumt ein Baum-Ensemble den Weg: eine schöne alte Linde und eine ebenso hohe Esche. Leider stehen die mächtigen Bäume nicht unter Denkmalschutz. Ihre Wurzeln reichen weit. Man sieht das dem Asphaltbelag auch an. Die Anwohner lieben ihre Bäume sehr. Spaziergänger nehmen gerne die Strecke „An Der Linde“, um ins Oberdorf zu kommen und genießen den Anblick der Schattenspender. Das war vor 30 Jahren so. Und ist es immer noch.

Für den Kanalbau in der Straße „An der Linde“ schien es am Einfachsten, die Linde und die Esche zu fällen. Das rief Protest hervor: „Wir Anwohner befürchten, dass die Linde und die Esche zugrunde gehen könnten, weil etliche Wurzeln gekappt werden. Mit Herrn Werner Bornes vom Stadtrat wurde eine Lösung überlegt, der Stadtverwaltung vorgeschlagen und auch verwirklicht. Ein großartiges Entgegenkommen der zuständigen Behörde.

In einem Schreiben des Sachbearbeiters Dipl.-Ing. Poensgen steht: „Im Rahmen der Baumaßnahme erfolgt die Verlegung eines Mischwassersammlers in der Straße „An Der Linde“. Bei der für die Ausführungsplanung notwendige Absteckung der Kanaltrasse stellte sich heraus, dass durch den Bau des geplanten Mischwassersammlers im Bereich der öffentlichen Verkehrsfläche eine Beschädigung der benachbarten Linden nicht auszuschließen ist. Aus dem o.g. Grunde trete ich an Sie mit der Bitte heran, den geplanten Mischwasserkanal über Ihr Grundstück verlegen zu dürfen.“

Damit waren die Eheleute Peter Hundeck und Maria Wulf-Hundeck gemeint, die sofort mit dem Vorschlag der Stadt einverstanden waren.

Ein Kanaldeckel zeigt, ab welcher Stelle ein Rohr quer durch das Grundstück bis zur Straße Ettelscheid verlegt wurde. Auf dem Grundstück entstand ein Revisionsschacht. Bei Trockenheit sieht man wegen der dünnen Erdschicht genau, wo dieser liegt. Mit einem großen Bagger wurde tagelang gearbeitet. Die Mischhecke an der Grundstücksgrenze besteht an dieser Stelle aus Hainbuchen, welche später dort als Ersatz gepflanzt wurden. Die Linde und die Esche blieben den Ettelscheidern erhalten.

Viele vorhandene Sickergruben wurden damals mit offizieller Genehmigung umgewandelt in Regenwasser-Zisternen zur Bewässerung der Garten.

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