Aus der Bilderkiste: Stadt im Wandel

… zur Entwicklung der Schleidener Innenstadt.

Über Jahrhunderte veränderte sich das Bild der Stadt Schleiden nur dann gravierend, wenn es als Folge von Bränden zu großflächigen Gebäudezerstörungen kam. So zuletzt am 10. Dezember 1897, als ein verheerender Brand die dicht an dicht stehenden Häuser der südwestlichen Innenstadt restlos vernichtete. Die Grundstruktur der Stadt mit drei nahezu parallelen Straßenzügen blieb jedoch bis nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend unverändert: Sleidanusstraße, Steinstraße und Huppenstraße bildeten die Erschließungsadern der Bebauung. Selbst die mit schweren Zerstörungen einhergehenden letzten Kriegsmonate 1944/45 hatten an diesem Muster wenig geändert. Der Wiederaufbau der frühen Nachkriegsjahre war die Rekonstruktion der vorherigen Struktur. In den 1960er Jahren gewann im Städtebau ein Trend Konjunktur, der die Innenstädte durch die Schaffung von Plätzen „luftiger“ machen sollte. Zugleich ermöglichten großzügige Städtebau-Fördermittel den Ersatz maroder Bausubstanz durch Neubauten. Diesem Trend folgte auch der Schleidener Stadtrat, als er spätestens seit 1963 intensiv über eine umfassende Innenstadt-Sanierung diskutierte.[1] Bereits ein Jahr später erfolgte die erste Zusage von Fördermitteln. Die dabei entstandene innerörtliche Struktur prägt bis heute das Stadtbild. Die Herstellung eines zentralen multifunktionalen offenen Marktbereichs benötigte aber Raum, der in der dicht bebauten engen Innenstadt erst gewonnen werden musste.

So begleitete der Abrissbagger die Neugeburt der Innenstadt. Die Gebäude an der Dieffenbach-Seite der Huppenstraße, wo zuvor viele kleine Handwerksbetriebe ihren Sitz hatten, wurde im Winter 1967/68 und im folgenden Jahr abgeräumt. Auf dem danach freien, großen Grundstück begann bereits im Oktober 1967 der Neubau des sogenannten „Scholzen-Hauses“. Zunächst unberührt blieb die Mittel-Bebauung zwischen Huppen- und Steinstraße. Erst als das Scholzen-Haus im Rohbau stand, erfolgte auch der Abriss der Mittelzeile zwischen dem ehemaligen AOK-Gebäude und dem kleinen Platz vor dem Kriegerdenkmal. Dabei entstand zeitweilig das Kuriosum, dass ein letzter Altbau an der Südwestspitze des neuen Platzes erhalten blieb, weil die Eigentümer den Verkauf ablehnten; erst um Jahre verzögert fiel auch dieses Haus der Abrissbirne zum Opfer. Unverändert blieb hingegen die südöstliche Bebauung mit u.a. zwei Bäckereien (Friedrichs und Hörnchen), Hotel Büsch und den Textilgeschäften „Schwalbe“ und Noster an den Außenecken. 1975 galt die Sanierung als abgeschlossen.

Zwischen den nördlichen Neubauten und den gegenüber liegenden Altbauten bildete der „Markt“ das neue Zentrum der Stadt. Einkäufe wurden angesichts der rasant anwachsenden Motorisierung der Haushalte mit dem Auto erledigt. Käufer und Geschäftsleute legten gleichermaßen Wert darauf, möglichst direkt vor den Geschäften zu parken. Kein Wunder daher, dass der erhoffte „Platz“ eher den Charakter einer recht breiten Durchfahrtsstraße mit beiderseits üppigem Parkplatzangebot erhielt. Eine teils aufwändige Begrünung zwischen Parkplatz und Geschäften an der Südostseite sollte den Eindruck einer bloßen Parkzone mildern.

Der stete Strom der Blechkarawane durch die Stadt gefiel allerdings längst nicht mehr jedem.  Die Schar der Kritiker wuchs schnell an, so dass der Stadtrat in den 1990er Jahren erneut in quälend langen Rats- und Arbeitskreissitzungen eine Nachbesserung einleitete. Zentrale Forderung war nun die autofreie Zone am Markt. Teils hochemotional geführte Debatten im Rat mündeten in den Beschluss zur nochmaligen Runderneuerung der City. Jahre nach der ersten großen Sanierung gab es nochmals eine grundlegende Umgestaltung, die jedoch ebenfalls auf Kritik stieß. Die Kaufleute fürchteten die Abwanderung der Kunden zu den Geschäften im Gewerbegebiet, nachdem die Parkmöglichkeiten stark eingegrenzt waren. Die winzige verkehrsfreie Zone als Querriegel im Zentrum der Innenstadt mit knapp 30 Metern Länge wurde als „kleinste Fußgängerzone Deutschlands“ verspottet. Sonderlich einladend wirkte die schmucklose Betonfläche auch nicht. Ein vom Rat beschlossenes Masterplan-Verfahren unter Beteiligung von Bürgern erbrachte vor einigen Jahren zahlreiche Vorschläge zur Attraktivierung und nochmaligen Umgestaltung, die nach entsprechendem Ratsbeschluss 2018 realisiert wurde. Ein Beitrag von Franz Albert Heinen.

 

[1] Vgl. die Dokumente im Stadtarchiv Schleiden, Schleiden bis 1972: 62-45 „Stadtsanierung Stadtmitte: Abbruch, Bürgersteige, Straßenbau und Versorgung“, in denen sich der Ablauf der Geschehnisse zwischen 1967-1975 spiegelt. Für diesen und weitere Hinweise danke ich der Stadtarchivarin Nicole Gutmann.

 

Dieser Beitrag wurde unter Aus der Bilderkiste veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.