Höddelbusch – Aus den Anfangsjahren eines Schleidener Hotels

Wenn man über die B 265 von Olef nach Schleiden kommt, kann man das Gebäude auf der rechten Straßenseite gar nicht übersehen. Es handelt sich um das Hotel Höddelbusch, ein Haus und ein gastronomischer Betrieb, in welchem sich zumindest für die erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts das Schicksal des Ortes Schleiden niedergeschlagen hat. Seinen heutigen Namen verdankt das Hotel dem Waldgelände, das sich (aus Fahrtrichtung Olef) hinter der Kurve oberhalb des kleinen Parkplatzes im Hang befindet.

Gegründet wurde die Restauration um 1900 von Arnold Hermanns; daher trug sie auch zunächst den Namen „Hotel Hermanns“, wenn auch schon bald die Zusatzbezeichnung „Höddelbusch“ zu finden ist. Es ist anzunehmen, dass an dieser Stelle vorher eine Art Fuhrmannskneipe für die Pferdefuhrwerke stand, die den beschwerlichen Weg von oder nach Olef zurücklegten.

In der Zeit der Gründung des Hotels war das Höddelbachtal noch vollkommen unbesiedelt, auch entlang der Gemünder Straße standen nur ganz wenige Häuser, Arnold Hermanns und seine Ehefrau Sophia (geb. Stein) hatten also nicht in erster Linie Besucher aus der kleinen Kreisstadt Schleiden als Gäste eingeplant, zumal es in der Innenstadt zum damaligen Zeitpunkt zahlreiche Wirtschaften und Restaurants gab.  Vielmehr dürfte Arnold Hermanns vom Fuhrwerksverkehr und der aufkommenden Fahrrad-Mode profitiert haben. Pferd und Wagen waren trotz der allmählich einsetzenden Motorisierung das dominierende Verkehrsmittel, sofern man nicht zu Fuß unterwegs war. Schon die Bezeichnung als „Hotel“ legt nahe, dass Zimmer zur Übernachtung angeboten wurden. Es war die Zeit des aufkommenden Tourismus. Bei Gemünd war die Urfttalsperre im Bau, der Wintersport in den Höhenorten nahm seinen Anfang, in den Sommermonaten zogen Wandergruppen aus den Großstädten übers Land, die noch junge Oleftalbahn brachte Sommerfrischler ins Schleidener Tal.

Das dritte Standbein waren Familienfeste: Hochzeiten, Jubiläen, Taufen, Beerdigungen. Ein großer Saal und eine für diese Zeit sehr aufwändige „Außengastronomie“ boten für derartige Feste einen angemessenen Rahmen. Überhaupt scheint Arnold Hermanns viel Wert auf das äußere Erscheinungsbild seines Hotels gelegt zu haben. Er pflanzte Obst- und später weitere Laubbäume vor sein Restaurant, Blumenkästen und Sonnenschirme, die sicher nicht zur Standardausrüstung damaliger Wirtshäuser gehörten, verfehlten die Wirkung auf potentielle Gäste nicht. So wurde Hermanns im Verzeichnis der Sommerfrischen, Bade- und Kurorte des Eifelvereins 1907 wie folgt aufgeführt:

Die Lokalisierung „vor dem Ort“ weist darauf hin, aus welcher Richtung Gäste erwartet wurden. Bis weit in den 1. Weltkrieg hinein dürfte diese erste Blütezeit des Hotels gereicht haben. Erst in den letzten Kriegsjahren (1917/18) mit Versorgungsengpässen, wirtschaftlicher Not, staatlichen Akquirierungen verschlechterte sich die Lage der gastronomischen Betriebe deutlich. Die Gäste blieben aus. Und nach Kriegsende verschlimmerte sich die Situation noch einmal. Im Hotel Höddelbusch waren englische Soldaten einquartiert. Auf Fotos, die sie gemeinsam mit der Besitzerfamilie zeigen, wirken sie jedoch freundlich; überhaupt werden die Briten zwar als strenge und unnachgiebige, aber keineswegs als übergriffige oder rachsüchtige Herren geschildert.

Nach der kurzen britischen Besatzungszeit (Ende 1918 bis Mitte 1919) und der Übergabe der Besatzung an die Franzosen begann sich das wirtschaftliche Leben allmählich zu entwickeln, und entsprechend stieg die Zahl der Besucher auch im Höddelbusch-Hotel wieder an.

Zu den Höhepunkten der damaligen Zeit gehörte sicher am 24. Mai 1921 die Hochzeit von Tochter Mathilde (Helena) mit Otto (Friedrich Wilhelm) Meltzow. Dieser war Volksschullehrer in Olef. Aus diesem Anlass hatten die Schulkinder dort am Hochzeitstag schulfrei und waren Gäste im Höddelbusch. Auch die kirchliche Hochzeit fand in Olef statt (damals politisch noch zur Bürgermeisterei Dreiborn gehörig). Der Höddelbach bildete die Grenze der Pfarreien Schleiden und Olef. Daher erklärt sich die Anwesenheit von Olefs Pfarrer Zilligen, Küster Heutgens und Lehrerin Regina Leuchter auf den Hochzeitsphotos.

Bald wirkte sich auch die staatliche Tourismusförderung durch das Reichsland Preußen aus, die Zahl der privaten PKW stieg deutlich, es wurden neue Omnibuslinien eingerichtet, eine Haltestelle direkt vor dem Hotel brachte die Gäste bis vor die Haustür. In diesen wohl nur im Krisenjahr 1923 unterbrochene Aufschwung fällt der plötzliche Tod von Arnold Hermanns im Jahre 1927 im Alter von 67 Jahren.

Mit diesem Einschnitt soll in diesem Rahmen die Darstellung der Geschichte des Hotels unterbrochen werden. Die weitere Entwicklung wie auch eine Vertiefung des bisher dargestellten Zeitraums wird im Jahresheft 2025 des Geschichtsforums Schleiden erfolgen.

Ein Beitrag von Norbert Toporowsky; Fotos Sammlung Markus Meltzow.
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